In einer erschreckenden Entwicklung beugt sich die Verwaltung der Columbia Universität in New York dem Druck der Trump Regierung – mit unvorhersehbaren Folgen für Studenten und Professoren.
von Andreas Robert

Die private Columbia Universität in New York steht im Mittelpunkt eines Kampfes um Redefreiheit, staatliche Kontrolle, und wissenschaftlicher Unabhängigkeit. Seit letztem Jahr schon war sie wegen der anhaltenden Demonstrationen gegen den Krieg in Gaza in die Schlagzeilen gekommen. Eine provisorische Zeltstadt musste geräumt werden, es gab eine Untersuchung durch den Kongress und die Präsidentin Minouche Shafik musste ihren Platz räumen. Der Vorwurf: Sie habe nicht genug zum Schutz jüdischer Studenten unternommen und antisemitische Propaganda zugelassen. Seit Präsident Trump an der Macht ist, hat sich der Druck nun nochmal deutlich erhöht. Es gab Festnahmen von Aktivisten, Einfrieren von Forschungsgeldern und ein Forderungskatalog aus Washington. Zum Schock vieler Beobachter dann das Einlenken der Verwaltung durch die Interimspräsidentin Katrina Armstrong am 21. März. Seitdem wird täglich demonstriert.
Angefangen habe es mit der Verhaftung des Studenten Mahmoud Khalil, erzählt D, ein Dozent der Journalistenschule der Columbia, der nicht mit Namen genannt werden möchte. Khalil, der eine Green Card besitzt, wurde von Beamten der Einwanderungsbehörde ICE auf Privatbesitz der Universität ohne Angabe von Gründen verhaftet.
Es gab keinen Haftbefehl. Es gab keine Beweise. Es gab keine Anklage. Beamte in Zivil haben ihn im Grunde genommen einfach entführt.
Die offizielle Beschuldigung: Er habe Zitat „Aktivitäten im Zusammenhang mit der Hamas, einer als terroristisch eingestuften Organisation, geleitet“ Zitatende. Dabei sei er wegen seiner besonnenen Art von der Verwaltung selbst vergangenes Jahr gebeten worden, als Vermittler zu fungieren, erzählt D.
Das war keine normale Verhaftung. Es war absolut schockierend, dass hier nicht einmal der Versuch unternommen wurde, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Seitdem deutet alles darauf hin, dass ein Krieg gegen unsere Universitäten geführt wird, und Columbia ist der erste Schritt in diesem Krieg.
Einen Tag später kam ein Brief aus Washington: Die Universität habe zu wenig getan, um jüdischen Studierende zu schützen und gegen Antisemitismus vorzugehen . 400 Millionen US Dollar an Projektgeldern seien eingefroren, weitere 5 Milliarden stn zur Disposition. Washington fordert unter anderem ein Maskenverbot auf dem Campus, zusätzliches Sicherheitspersonal, und eine Reformation der Disziplinarstruktur.
Außerdem eine Reihe weiterer Bedingungen, die einige von uns als extrem beunruhigend empfanden. So sollte die Universität ihren Justizausschuss abschaffen, der Disziplinarverfahren gegen Studierende und Lehrkräfte prüft, und aus Studierenden und Fakultätsmitgliedern besteht. Zulassungskriterien sollen geändert werden und eine ganze akademische Abteilung, die Abteilung für Nahost- und Südasienstudien, unter Zwangsverwaltung gestellt werden, d. h. unter externe inhaltliche Aufsicht, was an den Grundlagen akademischer Freiheit rüttelt.
Katrina Armstrong Interimspräsidentin der Columbia gab allen Forderungen nach. In ihrer offiziellen Begründung schreibt sie:
Auszug aus dem Brief der Präsidentin: Wir haben hart daran gearbeitet, auf die berechtigten Bedenken einzugehen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Columbia-Gemeinschaft im Hinblick auf die Diskriminierung, Belästigung und antisemitischen Handlungen, mit denen unsere jüdische Gemeinschaft nach dem 7. Oktober 2023 konfrontiert wurde, geäußert wurden.
Columbia University kapituliert
Für viele bedeutete dies eine bedingungslose Kapitulation, denn das Geld sei damit noch nicht frei: Bildungsministerin Linda McMahon kommentierte auf CNN, man sei jetzt auf dem richtigen Weg für Verhandlungen, an deren Ende die Freigabe des Geldes stehen könnte:
“We are on the right track now to make sure the final negotiations to unfreeze that money will be in place.”
Journalistik-Dozent D. sieht in dieser Aussage eine klare Kampfansage der Trump-Administration:
Sie sagen seit langem, dass die Wissenschaft der Feind ist, unser System der Elite-Forschungsuniversitäten. Und so nutzen sie auf zynische Weise die Idee, Antisemitismus zu bekämpfen – was sie nicht tun – um nicht nur pro-palästinensische Redner zum Schweigen zu bringen, sondern um die akademische Freiheit selbst zum Schweigen zu bringen und damit unsere verfassungsmäßigen Rechte auszuhebeln.
Seit der Festnahme Khalils wird täglich vor den Toren des Campus demonstriert, mit Masken: Studierendenverbände, darunter auch jüdische, haben erbitterten Widerstand angekündigt.
Doch keiner der Demonstrierenden ist vors Mikrofon zu kriegen: es herrscht ein Schockzustand und grosse Angst und Verunsicherung. Mittlerweile werden auch von anderen Universitäten Festnahmen von Studentinnen und Studenten gemeldet.
Am letzten Freitag trat Interimspräsidentin Katrina Armstrong zurück. Ihr wurde aus Washington vorgeworfen, in einer internen Sitzung mit Fakultätsmitgliedern den Grad der Zugeständnisse heruntergespielt zu haben.
Am letzten Wochenende hatte der Dokumentarfilm “The Encampment” in den USA Premiere, der die Geschichte der Studierenden an der Columbia letzten Sommer erzählt.