Die Neue Galerie in New York zeigt Meisterwerke aus der Kollektion ihres Gründers Ronald S. Lauder
von Andreas Robertz
In den letzten zwei Wochen scheint sich in New York alles nur noch um Kunst zu drehen, mal abgesehen von den Zwischenwahlen zum Kongress. Es gab wichtige Ausstellungseröffnungen in allen großen Museen, verschiedene Kunstmessen standen und stehen noch auf dem Programm und bei Christie wurde letzte Woche Geschichte geschrieben, als bei der Versteigerung der Kunstsammlung des Microsoft Mitbegründer Paul Allen in nur einer Nacht 1.5 Milliarden Dollar ersteigert wurden, fünf Bilder allein mit über 100 Millionen. Der Markt boomt und Kunst als Geldanlage steht ganz hoch im Kurs. Da passt es gut, dass die Neue Galerie am Central Park zu ihrem 20sten Geburtstag die Sammlung ihre Mitbegründers Roland S. Lauder in bisher noch nie gesehenem Umfang zeigt. Lauder ist einer der beiden Erben des Parfüme Imperiums von Estée Lauder und einer der reichsten Männer New Yorks. 500 Objekte von der Antike bis hin zur deutschen und österreichischen Moderne sind zu sehen.
Das ist das schönste Beispiel einer Rüstung ich glaube überhaupt irgendwo. Und es ist ursprünglich aus England und heißt The Greenwich Armour. Aber es ging nach Deutschland. Das ist ja auch die Brunswick, die Braunschweigfamilie, und war gelagert unter einem Bett in Ostberlin viele, viele Jahre. Dann kam es zu einer Auktion. Herr Lauder hat es dort erworben. Und dann, erst später, hat sich herausgestellt, dass diese Gauntlets, diese Handschuhe, im Metropolitan Museum schon waren.
Galeriedirektorin Renee Price wird nicht müde zu betonen, wie außergewöhnlich es für die Neue Galerie ist, die Sammlung in diesem Umfang zeigen zu können. Und wenn man im Ausstellungsraum steht, mit den vielen Schwertern, Spießen, Hellebarden, den feingliedrigen silbernen Kettenhemden und den perfekt erhaltenen Rüstungen aus dem 14ten bis 16ten Jahrhundert, dann weiß man sofort, was sie damit meint. Die Pferde mit Reitern in kompletten Turnierrüstungen mussten eigens per Kran von Außen durch die Fenster hineingehievt werden.
Ob silbernes Tafelgeschirr und Schmuck der Wiener Werkstätten aus der Jahrhundertwende, italienische Goldgrundmalerei der Renaissance oder antike römische Skulpturen, überall zeigt sich, wie akribisch Ronald S. Lauder sein Leben lang Kunst gesammelt hat. Seine erste Egon Schiele Zeichnung habe er bereits mit 14 Jahren gekauft, erklärt Direktorin Price. Seine Fähigkeit zu staunen sei dabei sein wichtigster Kompass.
Wenn Herr Lauder sich ein Kunstwerk ansieht, das erste ist “Oh”, das zweite ist “Oh my”, und das dritte ist “Oh my God!” Und er möchte nur “Oh my God!”
Und mit diesem Prinzip hat Herr Lauder eine Sammlung zusammengetragen, die unter Kennern als eine der schönsten privaten Sammlungen der Welt gilt.
Eine Ausstellung der Superlative
Sie ist vor allem bekannt für deutsche und österreichische Malerei des frühen 20sten Jahrhunderts: Klimt, Kokoschka und Schiele. Aber die Ausstellung will auch zeigen, wie die Sammlung in den letzten 10 Jahren darüber hinaus gewachsen ist. Und – interessant ist das Setting, erklärt Kuratorin Elisabeth Scancer:
“Wissen Sie”, sagte der Sammler, “Dies könnte das letzte Mal sein, dass ich so viele Werke mit der Öffentlichkeit teile, also möchte ich, dass sie auf ähnliche Weise gezeigt werden, wie sie in meinem Haus sind.“
Zum Beispiel im grünen Raum.
Das ist genau wie seine Bibliothek. Diese Wand mit all diesen fantastischen deutschen Expressionisten, mit den Zeichnungen, mit den Gemälden, die Farbe Grün, der Kamin, die Vertäfelung, all das wurde eben für diese Ausstellung gemacht.
Das ist genau wie seine Bibliothek. Diese Wand mit all diesen fantastischen deutschen Expressionisten, mit den Zeichnungen, mit den Gemälden, die Farbe Grün, der Kamin, die Vertäfelung, all das wurde eben für diese Ausstellung gemacht.
Hier hängt Christian Schad neben Max Beckmann, Otto Dix neben Oscar Schlemmer, Lilly Reich neben Hanna Höch, Schwitters neben Kirchner, eng an eng. Der Gesamteindruck ist überwältigend. Zwar bekommt man ein gutes Gefühl für den Sammler Lauder und seine Fähigkeit, die Arbeiten gekonnt zu arrangieren, doch verlieren sich viele der Meisterwerke in der Masse der Gemälde.
Geht es wirklich um Kunst?
Problematisch wird das Verhältnis des Sammlers zu Kunstwerken in einem Raum, der Lauders Arbeitszimmer nachempfunden ist, mit einem hellen Terazzo Boden, römischen Mosaiken an den Wänden, mindestens 15 Marmorbüsten und -köpfen aus der römischen Antike und einem riesigen italienischen Schreibtisch mit einer Lampe von Giacometti. Beherrscht wird der Raum von einer mannshohen Statue des Gottes Hermes. Der Bombasmus des Raumes wirkt verstörend und man wird den Eindruck nicht los, als ginge es hier nicht nur um Kunst, sondern auch um das ostentative zur Schau stellen von extremem Reichtum.
“Play it again, Sam”
Da freut es einen, dass der letzte Raum einer ganz anderen Leidenschaft von Ronald Lauder gewidmet ist: seiner Liebe zum Film Casablanca.
Ein Raum nur mit Plakaten und Lobbycards vom Film Casablanca inklusive der Transitpapiere. Der ganze Film dreht ja um diese Papiere. Die Möbel sind aus Ricks Café, die Lampe aus Ricks Büro, Herr Lauder hat sogar das Auto mit dem Sie dann zum Flughafen fahren. Aber das passt hier leider nicht rein. Aber hier sind die Transitpapiere, unterschrieben von Ingrid Bergman und Paul Henreid.
Fazit:
Für Kunstliebhaber ist die Ausstellung in der Neuen Galerie ein absolutes Muss. Auch wenn sie die Frage aufwirft, ob man hier mehr über die Person Ronald S. Lauder erfährt, als über die von ihm gesammelte Kunst.