Das MoMA widmet eine Ausstellung der berühmten Kunstgalerie JAM
von Andreas Robertz
In den 70er Jahren boomte der Kunstmarkt in New York: Robert Rauschenberg, Jasper Johns, Andy Warhol und Roy Lichtenstein waren die Künstler, die damals zu Höchstpreise gekauft wurden; wohlgemerkt alles weiße Künstler, denn für schwarze Künstler gab es damals keine Galerien, die sie repräsentieren wollten. Die junge schwarze Kunsthändlern Linda Goode Bryant (Linda Good Bryant) wollte das ändern und gründete mitten im Galerieviertel Manhattans die erste Galerie für schwarze zeitgenössische Kunst. Sie nannte sie „Just Above Midtown“ oder kurz JAM. Jetzt, fast 50 Jahre danach, widmet das MoMA der Galerie und seiner Gründerin eine eigene Ausstellung.
Die Kunstwelt vor allem in der Gegend war nicht glücklich. Sie waren sauer auf den Vermieter, weil an mich vermietet hatte. Er war ebenfalls ein Sammler zeitgenössischer Kunst und die anderen Galerien haben sich gefragt, warum er das in aller Welt nur getan hat. Aber es hatte sofort eine Wirkung auf schwarze Künstler und nicht nur die bildenden, sondern auch Musiker und Tänzer. Alle kamen in die 57ste Straße, in der es sonst keine Schwarzen gab.
Just Above Midtown
Linda Goode Bryant erinnert sich noch gut, als sie am Tag der Eröffnung mit ihren beiden Kindern auf dem Arm im Fahrstuhl stand und weiße Inhaber anderer Galerien im Gebäude auf sie einredeten, sie gehöre nicht hierhin und sollewiederverschwinden. Doch sie war nicht allein. Heute so bekannte schwarze Künstler*innen wie Howardena Pindell, Senga Nengudi, David Hammons oder Randy Williams gehörten damals zum Kreis derer, die Just Above Midtown, kurz JAM, aus dem Boden stemmten.
Allein in den ersten fünf Jahren zeigte JAM über 50 Einzel- und Gruppenausstellungen. Viele von ihnen waren für die damalige Kunstwelt provozierend, erklärt Kurator Thomas Jean Lax:
Wenn ich eine thematische Ausrichtung benennen müsste, wäre es die Weigerung Widersprüche zu akzeptieren. Die erste Ausstellung hieß „Synthesis“ und brachte Künstler von der Westküste und Ostküste zusammen, figurative und abstrakte Kunst. So wurden damals Künstler voneinander abgegrenzt und kategorisiert. Linda und die anderen von der Galerie brachten Dinge zusammen, die sich wiedersprachen und zeigten, dass sie ähnliche Arbeitsprozesse hatten.
Gemeinsamkeiten statt Unterschiede
Die Ausstellung „Statements Known, Statements New“ von 1976 zum Beispiel zeigte Arbeiten von bekannten weißen Künstlern wie Robert Rauschenberg und Jasper Johns und Arbeiten schwarzer zeitgenössischer Künstler zusammen – ein eindeutiger Tabubruch.
Viele der original ausgestellten Arbeiten sind nun neben dokumentarischem Material zu sehen, von Videomitschnitten offener Sessions mit Künstlern bis hin zu Fotos von Vernissagen und deren Einladungskarten. Dabei entsteht das lebendige Bild eines Kollektivs, das den künstlerischen Diskurs und das Experimentieren in den Mittelpunkt stellte und weniger den Verkauf, was sich in Hunderten von offenen Rechnungen, Mahnungen und Räumungsandrohungen zeigt, die eindrucksvoll eine große Wand der Ausstellung bedecken. Dazu kann man Linda Goode Bryant hören, wie sie mit anderen Künstlern über den Kunstmarkt und Kunst debattiert oder wie man ohne viel Geld zum Kunstsammler wird.Linda Goode Bryant:
Bei mir dreht sich alles um Prozess und Experimentieren. Und Künstler können sich davon ablenken lassen, besonders wenn sie in Galerien aufgenommen werden. Das ist jetzt mehr und mehr so, wegen dem ganzen Druck auf dem Markt und dem Verlangen, in die Galerien zu kommen. Ich hatte in den letzten zwei Jahren Gespräche mit Künstlern, die lieber experimentieren würden, aber dann das machen, was die Galerien wollen. Und ich frage dann: Arbeitest du jetzt für Ikea?
Der Anfang vom Ende
Mit dem Erfolg kam für sie aber auch der Niedergang. Kunst wurde in den 1980er Jahren zur begehrten Investition unter Börsenmaklern der nahen Wall Street, die vor allem an Wertsteigerung, als an Kunst interessiert waren. Und die Künstler*innen, die endlich verkaufen konnten, verloren das Interesse am kritischen Diskurs. 1986 schloss Linda Goode Bryant die Galerie und setzte ihre Arbeit seitdem in Projekten und Aktionen fort. Für sie ist der Kunstmarkt in einer schweren Krise, weil er falsche Prioritäten setzt.
Es ist eine Krise der menschlichen Kreativität, weil die Kommerzialisierung der Kunst aus ihr ein Produkt gemacht hat. Und Kreativität kommt nicht vom Herstellen von Produkten. Für die von uns, die Künstler sind, und die, die eine Leidenschaft für Kunst haben und sie respektieren, ist die wichtigste Ressource die Menschen haben, ist ihre Kreativität.
Mit der Ausstellung blickt das MoMA nicht nur auf eine historisch faszinierende Zeit in der Kunstszene New Yorks zurück, sondern erinnert auch daran, wie wichtig es ist, dass Galerien ein kreatives Zuhause für Künstler*innen sind.