US-Bischöfe gegen Biden

US-amerikanische Bischöfe rüsten gegen Präsident Biden auf

by Andreas Robertz

US-Bischöfe wollen im Kampf gegen die Pro Choice Agenda von Joe Biden dem Präsident die Eucharistie verwehren.
Image by Dorothée QUENNESSON from Pixabay

Die katholische Kirche in den USA hat ein gespaltenes Verhältnis zu Joseph Biden. Dabei ist er nach John F. Kennedy erst der zweite Katholik im Weißen Haus. Einerseits ist er ein praktizierender Gläubiger, andererseits steht er für das Recht der Frauen auf Abtreibung. Nun drohen ihm eine Gruppe erzkonservativer Bischöfe die Kommunion zu verweigern. Auf der diesjährigen Bischofskonferenz wollen sie eine dementsprechende Empfehlung  legitimieren lassen. Selbst der Vatikan schickte ungewöhnlich warnende Worte an die Adresse der Bischöfe. Andreas Robertz hat mit Jamie Manson über die die Haltung der US-Bischöfe gegen Biden gesprochen.

Jamie Manson: Dies ist nicht das erste Mal, dass er mit der kirchlichen Lehre nicht einverstanden ist. Er war für gleichgeschlechtliche Ehe, bevor Präsident Obama es tat. Er unterstützt die Rechte Transsexueller und den Zugang zu Verhütungsmitteln. Aber dies ist sicherlich das erste Mal, dass die Bischöfe so aggressiv reagieren.

Jamie Manson, Vorsitzende der „Catholics for Choice“ und leidenschaftliche Frauenrechtlerin, spricht von einem eskalierenden Konflikt. Als Ende Mai Präsident Biden seinen neuen Haushalt in einer beispiellosen Höhe von 6 Billionen Dollar vorstellte, jubelten viele Demokraten. Denn in ihm sind Hunderte Milliarden für sauberes Wasser, Infrastruktur, Erziehung, und Familien vorgesehen, insbesondere Mutterschutz und Kindergartenplätze.

Das Hyde Amendment

Doch katholische Bischöfe der Pro-Life Bewegung kritisierten, dass zum ersten Mal seit 1977 das sogenannte Hyde Amendement gestrichen wurde. Das Amendment verbietet, Abtreibungen aus Steuergeldern zu finanzieren.

Jamie Manson: Wie bei den meisten Anti-Abtreibungsgesetzen sind Arme und People of Color unverhältnismäßig stark betroffen. Wir haben beim Hyde Amendement ein gravierendes Problem mit sozialer Gerechtigkeit und Rassismus: sie verhindert den Zugang zu der Gesundheitsversorgung, die sie brauchen.

In einer Presseerklärung der US-Bischöfe gegen diese Entscheidung von Joe Biden hieß es, „Steuergelder finanzierte Abreibungen repräsentieren das Versagen des Staates, Frauen in ihrer Mütterlichkeit zu unterstützen“. Es würde hier in „Tod und Verzweiflung investiert“, anstatt zum Beispiel in finanziell in Not geratene Mütter. Kein Wort von den Milliarden im Haushalt, die das auf historische Weise versuchen. Aber für Jamie Manson geht es hier auch gar nicht um den Schutz der Mütter, sondern um einen Angriff auf eine neue Rollenverteilung der Geschlechter:

Jamie Manson: Man muss wissen, dass es bei der Theologie hinter dem Kreuzzug der Kirche gegen Abtreibungsrechte in Wirklichkeit um ihr Verständnis von Frauen und Frauenrollen geht. Frauen sind dazu bestimmt sind, Mütter zu sein. Unsere wichtigste Berufung ist die mütterliche. Das bedeutet hauptsächlich, Babys zu bekommen, aber es bedeutet auch, in der Welt mütterlich zu sein, immer in einer fürsorglichen, dienenden Position. Diese Vorstellung fließt in den Kampf gegen Abtreibung mit ein, denn wenn man Frauen die Gleichberechtigung gibt und zugesteht, dass sie den Männern gleich sein können, wirft dies ihre gesamte Theologie über den Haufen.

Ein Angriff auf das Recht auf Abtreibung

Die Reaktion der Pro Life Bischöfe beschränkt sich nicht auf harsche Presseerklärungen. In der Amtszeit von Donald Trump, der wie kein anderer Präsident vor ihm das Nein zur Abtreibung in politisches Kapital zu verwandeln verstand, entstand eine mächtige Allianz rechter Evangelikaler und Katholiken. Sie setzen alles daran, das gesetzmäßige Recht der Frauen auf Abtreibung abzuschaffen.

Nach einer Grundsatzentscheidung des Supreme Court, dem obersten Gerichts der USA,  wird dieses Recht Roe vs. Wade genannt, Und nach Trumps Berufung dreier extrem konservativer Richter in den Supreme Court könnte das sogar gelingen.

Jamie Manson, President of Catholics for Choice

Jamie Manson: Es gibt neun Richter, sechs davon Katholiken. Von diesen sechs sind fünf erzkonservativ, also überhaupt nicht repräsentativ für die Katholiken in den Vereinigten Staaten. Die Gefahr ist ganz real. Wir haben uns damit abgefunden, dass wir uns auf eine Welt vorbereiten müssen, in der Roe vs. Wade von der Verfassung nicht mehr garantiert wird. Und was für Pro Choice Katholiken wie uns so verstörend ist, ist die Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit der Katholiken, nämlich 68 % , gar nicht wollen, dass Roe vs. Wade abgeschafft wird.

Ein Sakrament als Waffe

In einer Umfrage des PEW Institutes von Oktober 2020 fanden 56% aller befragten Katholikinnen und Katholiken, dass Abtreibung in allen oder den meisten Fällen legal sein sollte, Zweidrittel waren gegen eine Abschaffung von Roe vs. Wade. Trotzdem haben die Pro Life Bischöfe für die Generalversammlung der Bischofskonferenz Mitte Juni ein Dokument vorbereitet, das allen Priestern zwingend empfiehlt, Politikern das Sakrament der Eucharistie zu verweigern, die Abtreibungsgesetze unterstützen, inklusive Präsident Biden.

Für Jamie Mansion eine neue Eskalationsstufe, vor der selbst der Vatikan in einem Schreiben von Kardinal Luis Ladaria, dem Vorsitzenden der Glaubenskommission, eindringlich warnt.

In seinem Brief fordert der Kardinal die US Bischöfe auf, keinen nationalen Alleingang in dieser Frage zu suchen. Außerdem würde es der Kirche schaden, wenn der “Eindruck entstünde, Abtreibung und Euthanasie stellten die einzigen schwerwiegenden Angelegenheiten katholischer Moral- und Soziallehre dar, die von den Katholiken volle Rechenschaftspflicht verlangen.”

Jamie Manson: Es ist völlig ungewöhnlich für den Vatikan, eine Versammlung von Bischöfen öffentlich zu kritisieren und zu warnen. Der Vatikan sagt, tritt auf die Bremsen. Dies ist eine Entscheidung, die wir diskutieren müssen. Wir sind eine globale Kirche. Wir müssen das mit euren Mitbrüdern und dem Vatikan besprechen. Und die US-Bischöfe reagieren mit Abtrünnigkeit.

Bis Redaktionsschluss war leider niemand von der Bischofskonferenz bereit, eine Stellungnahme zu geben. Am 18. Juni wird sich entscheiden, auf wen die Bischöfe gehört haben.



Update US-Bischöfe gegen Biden vom 18. Juni:

Die römisch-katholischen Bischöfe der Vereinigten Staaten haben unter Missachtung der Warnung des Vatikans mit überwältigender Mehrheit für den Entwurf von Leitlinien zum Sakrament der Eucharistie gestimmt und folgen damit einem politischen Vorstoß konservativer Bischöfe, Präsident Biden die Kommunion wegen seiner Unterstützung des Abtreibungsrechts zu verweigern. Quelle: New York Times https://www.nytimes.com/2021/06/18/us/targeting-biden-catholic-bishops-advance-controversial-communion-plan.html