Confederates” von Dominique Morisseau am Signature Theater in New York: zwei Leben, zwei Frauen, ein und derselbe Kampf. Dominique Morisseau stellt in ihrem neuen Stück den Kampf einer schwarzen Professorin in ihrer Fakultät dem Kampf einer jungen versklavten Frau im Unabhängigkeitskrieg gegenüber – und entdeckt erschreckende Parallelen.
von Andreas Robertz
Wann sind wir je endlich frei? Diese Frage stellt sich die schwarze US-amerikanische Autorin Dominque Morisseau in ihrem neuen Drama „Confederates“, das letztes Wochenende am Signature Theater uraufgeführt wurde. Morisseau gehört mit Stücken wie The Skeleton Crew, Paradise Blue und Detroit 67 zu den wichtigsten schwarzen Dramatikerinnen ihrer Generation. Ihre naturalistischen Stücke, die sich stets um kleine Leute drehen, wurden mit Klassikern von August Wilson und Tennessee Williams verglichen.
If you don’t think this play is funny, you are missing a lot of my play.
Wenn Sie denken, das Stück ist nicht lustig, dann verpassen Sie eine Menge, schreibt Dominique Morisseau in den Regie-Anweisungen. Es geht um zwei schwarze Frauen im Kampf um die Freiheit: um Sara, eine junge versklavte Frau in den Südstaaten der 1860er Jahre, und Sandra, Professorin einer privaten Universität in der Gegenwart. Sara entscheidet sich trotz aller Gefahren während des Bürgerkriegs für die Nordstaaten zu spionieren und Sandra muss sich gegen rassistische Mikro-Aggressionen in ihrer Fakultät verteidigen.
Confederates” von Dominique Morisseau
Regisseurin Story Ayers hat sich Morisseaus Anmerkung zu Herzen genommen und die Dialoge mit viel Witz und Sarkasmus inszeniert. Zum Beispiel, wenn Sandra gleich zu Beginn erklärt, sie wisse alles über die Sklaverei, von der TV Serie Roots über den Film Twelve Years a Slave bis hin zum Theaterstück The Slave Play, das vor ein paar Jahren für Furore im US-amerikanischen Theater sorgte. Oder wenn Sara mitten in der Nacht von Missi Sue, der Tochter ihres Masters, besucht wird, die ihr begeistert von einem Treffen mit Gegnern der Sklaverei erzählt. Sie habe nun beschlossen, Sara zu retten. Das Ganze ist überhöht wie eine Szene aus „Vom Winde verweht“ inszeniert. Herrlich Saras skeptischer Sarkasmus, während sie versucht, Missi Sue aus ihrer Hütte zu kriegen.
Es macht ungeheuren Spaß, den Schauspielerinnen dabei zuzusehen, wie sie in den verschiedenen Zeiten hin- und herspringen, Sprache und Spielhaltung variieren. Die verschiedenen Zeitebenen sind so geschickt vermischt, dass das Stück oft wie eine Farce wirkt.
Zum Beispiel, wenn aus Missi Sue Studentin Candice wird. Sie arbeitet für Sandra als Assistentin, weil sie nicht genug Geld hat, will aber wegen ihres „weißen Privilegs“ nicht meckern; oder wenn aus Saras Bruder Abner, der für die Nordstaaten kämpft, der super-smarte Student Malik wird. Er wirft Sandra vor, sie gebe ihm schlechtere Noten, damit keiner denkt, sie würde als schwarze Professorin schwarze Studenten bevorzugen.
Wie eine Chirurgin seziert sie die Institution
Mit ungeheurer Detailfreude seziert Autorin Morisseau wie eine Chirurgin eine Institution, die davon ausgeht, dass schwarze Lehrkräfte, Studentinnen und Studenten andere Erwartungshaltungen zu erfüllen haben als weiße. So werden aus Kolleginnen Feinde und aus Studenten Mittäter.
In Saras Südstaatenwelt übersetzt: Der Kampf um die Gunst des Masters lässt Sklavinnen zu erbitterten Feinden werden. Denn der Aufstieg vom Feldsklaven zum Haussklaven kann über Tod oder Leben entscheiden.
Confederates ist ein gut gebautes Drama mit wunderbar intelligenten Figuren und vielen satirischen Elementen. Das Stück ist trotz seiner messerscharfen Kritik witzig und gut verdaulich. Und es zeigt, in welchem Minenfeld von Erwartungen sich eine schwarze Frau bewegt, bevor sie wagt zu sagen was sie wirklich denkt.
Ketanji Brown Jackson
Wer in den letzten Tagen die Anhörungen im amerikanischen Senat zur Berufung der schwarzen Richterin Ketanji Brown Jackson zum höchsten amerikanischen Gericht verfolgt hat, konnte all die Elemente von Confederates widerfinden: die gar nicht so versteckte Feindseligkeit, die wiederholte In-Frage-Stellung ihrer Eignung, das ständige Unterbrechen. Richterin Ketanji Brown Jackson versuchte diplomatisch und höflich zu bleiben, aber ihr innerer Kampf war schmerzhaft mitanzusehen.
Die Plantagen sind in den Köpfen
Am Ende von Confederates spricht Sara als freie Frau vor einer Gruppe von Gegnern der Sklaverei. So lange es „Plantagen“ gäbe, sagt sie, so lange werde niemand frei sein. Da stimmt ihr Sandra zu: Heute sind diese Plantagen immer noch in den Köpfen und den Strukturen vieler Institutionen zu finden.